Anonymität beginnt nicht im Netz – sondern auf deinem eigenen Rechner. Denn noch bevor du eine Webseite öffnest, ein Programm startest oder einen Dienst nutzt, haben viele Programme längst damit begonnen, Daten über dich zu sammeln. Sie rufen Lizenzen ab, übermitteln Nutzungsstatistiken, prüfen Serververbindungen oder binden externe Schnittstellen ein. Manche verhalten sich dabei eher zurückhaltend, andere geradezu übergriffig. Und meist geschieht all das im Hintergrund – ohne Hinweis, ohne Nachfrage.
Wenn du verhindern willst, dass aus deinem Rechner eine Art digitale Wanze wird, musst du wissen, welche Programme du besser meidest – und welche Alternativen dir die Kontrolle über deine Daten zurückgeben. Dabei geht es nicht nur um Komfort oder Funktionsumfang, sondern um etwas Grundsätzliches: Wem gehört dein digitales Leben – dir oder der Software, die du benutzt?
Oder anders: Wenn du wirklich anonym oder zumindest datensparsam arbeiten möchtest, reicht es nicht, einfach ein VPN zu nutzen oder Tracking-Cookies zu blockieren. Viele Programme – selbst solche, die Alltag auf den meisten Rechnern sind – senden regelmäßig Daten an ihre Anbieter oder binden Drittkomponenten ein, die deine Identität indirekt preisgeben können. Und manche Software identifiziert dich sogar eindeutig (!) über dein Nutzerverhalten, deine Geräte-ID oder dein Nutzerkonto.
In der folgenden Übersicht zeige ich, welche Programme in puncto Anonymität und Datenschutz problematisch sind, wo du aufpassen musst und welche Alternativen es gibt, wenn du Kontrolle über deine Daten behalten willst. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht auf Funktionalität, sondern auf der Frage:
Wie sehr respektiert eine Software deine Privatsphäre?
Programme nach Anonymitätsverträglichkeit
Die nachfolgende Einstufung bezieht sich nicht auf Funktionalität oder Benutzerfreundlichkeit, sondern ausschließlich auf das Verhalten in puncto Datenschutz, Datentransfer und Anonymitätswahrung. Wenn du etwa beruflich beispielsweise mit Google-Diensten arbeiten muss, kannst du das zwar weiterhin tun – solltest dir aber über die damit verbundenen Datenströme im Klaren sein. Für alle anderen gilt: Es gibt bessere Alternativen.
Die Programme solltest du besser meiden
Programm / Dienst | Einschätzung | Begründung |
---|---|---|
Google Chrome | kritisch | Extrem datenhungrig, Google-Account-Tiefe, eindeutige Nutzer-ID |
Microsoft Office / 365 | kritisch | Telemetrie, Cloudbindung, eindeutige Identifikation |
Adobe Acrobat, Creative Cloud | kritisch | Permanente Hintergrundverbindungen, Lizenz-Tracking |
Zoom | kritisch | Tracking, User-Fingerprinting, Weitergabe an Dritte |
Dropbox | kritisch | Keine E2E-Verschlüsselung, erheblicher Metadatenfluss |
Evernote | kritisch | Analyse von Inhalten, Cloudzwang |
iCloud Drive (bei hoher Anonymitätsanforderung) | bedingt | Teilweise clientseitige Verschlüsselung, aber Zugriff durch Apple möglich |
kritisch | Metadaten-Zentralisierung bei Meta, keine echte Anonymität | |
Facebook, Instagram, TikTok | tabu | Vollüberwachung, biometrisches Tracking, Geräteabgleich |
Hier ist Vorsicht angebracht - bedingt nutzbar
Programm / Dienst | Einschätzung | Begründung |
---|---|---|
Firefox Standard | mittel | Telemetrie standardmäßig aktiv (lässt sich abschalten), Add-ons beachten |
macOS Mail.app | mittel | Relativ wenig Tracking, aber nicht anonymisierend |
Signal | mittel | Telefonnummer als Identifikator, Metadaten durch Serverkontakt |
Telegram | bedingt | Verschlüsselung nur in „Geheimen Chats“, Metadaten & IP-Logs auf Servern |
Apple Maps | mittel | Keine Accountbindung nötig, aber Standortübertragung an Apple |
Apple Safari | mittel | Gut in Bezug auf Trackingvermeidung, aber nicht anonym (IP-Weitergabe, OCSP) |
Apple App Store | mittel | Identifiziert Nutzer eindeutig, App-Nutzungsverhalten erfassbar |
LibreOffice (Standard-Konfiguration) | mittel | Sicher, wenn ohne automatische Updates oder Cloudverknüpfung |
Unproblematische und anonymitätsfreundliche Programme
Programm / Dienst | Einschätzung | Begründung |
---|---|---|
Brave Browser | gut | Eingebauter AdBlocker, Tracking-Schutz, optionales Tor-Tab |
Tor Browser | sehr gut | Komplett auf Anonymität optimiert, keine Telemetrie |
Joplin (lokal) | gut | Open Source, lokal nutzbar, kein Cloudzwang |
KeePassXC | sehr gut | Lokaler Passwortmanager, keine Netzwerkverbindung |
Cryptomator | gut | Clientseitige Verschlüsselung für Cloud-Daten |
Syncthing | gut | Peer-to-Peer-Datenabgleich ohne zentrale Server |
Thunderbird mit GnuPG | gut | Open Source, verschlüsselbar, Metadatenkontrolle mit Aufwand möglich |
OnionShare | anonym | Dateien über das Tor-Netzwerk teilen, ohne Drittserver |
VeraCrypt | sehr gut | Starke lokale Verschlüsselung, keine Kommunikation nach außen |
"Whitelist" von Programmen mit datenschutzfreundlichen Alternativen
Das oben dargestellte hört sich alles sehr einschränkend an, aber wenn du deine digitale Arbeitsumgebung datenschutzfreundlich gestalten willst, musst du nicht auf Komfort verzichten – aber du solltest die richtigen Programme wählen. Die folgende Übersicht zeigt dir für zentrale Anwendungsbereiche, welche Programme sich hinsichtlich Datenschutz bei gleichzeitig halbwegs erhaltenem Kompfort bewährt haben und welche du besser meiden solltest.
Anwendungsbereich | Datenschutzfreundlich (Whitelist) | Vermeiden (Kritisch) | Kommentar |
---|---|---|---|
Webbrowser | Brave, Tor Browser, Mullvad Browser | Google Chrome, Edge | Brave: komfortabel + Tracking-Schutz Tor: maximale Anonymität |
Office / Textverarbeitung | LibreOffice, OnlyOffice (lokal) | Microsoft Office 365, Google Docs | LibreOffice komplett offline nutzbar |
Thunderbird (mit GnuPG), Tutanota, ProtonMail | Apple Mail (bedingt), Gmail | E2E-Verschlüsselung bei Tutanota / ProtonMail | |
Cloud-Speicher | Syncthing, Nextcloud (self-hosted), Cryptomator | Dropbox, iCloud, Google Drive | Cryptomator: zusätzliche Verschlüsselung auf Client-Seite |
Kalender / Kontakte | DAVx5 + Nextcloud | Google Kalender, Apple iCloud | Open-Source + selbst gehostet möglich |
Passwortmanager | KeePassXC, Bitwarden (self-hosted) | 1Password (Cloud-basiert), LastPass | KeePassXC: offline, keine Cloud nötig |
Messenger | Session, Briar, Threema | WhatsApp, Telegram (bedingt), Facebook Messenger | Session & Briar ohne Telefonnummer nutzbar |
Dateitransfer | OnionShare, Firefox Send (inaktiv) | WeTransfer, Google Drive | OnionShare nutzt Tor – kein Server-Logging |
Videokonferenzen | Jitsi (self-hosted), BigBlueButton | Zoom, MS Teams | Zoom erhebt Metadaten, Jitsi kann lokal gehostet werden |
VPN | Mullvad, IVPN, ProtonVPN (Plus) | NordVPN (bedingt), ExpressVPN (bedingt) | Mullvad ohne Account nutzbar (anonyme Zahlung) |
RSS-Reader | NetNewsWire, Fluent Reader | Feedly (Cloud-basiert) | NetNewsWire ist open source und lokal |
Datei-Verschlüsselung | VeraCrypt | - | Stark verschlüsselt, keine Serverkommunikation |
Screenshot / Notizen | Joplin (lokal), Obsidian | Evernote, Apple Notizen (bei Cloud-Nutzung) | Joplin speichert lokal oder E2E-verschlüsselt |
Hinweise zur Nutzung
- Die Programme in der Whitelist sind Open Source, lokal speicherbar, oder ohne Account nutzbar.
- Tools wie Cryptomator, VeraCrypt und KeePassXC ergänzen bestehende Workflows mit Verschlüsselung.
- Tor + VPN + Whitelist-Apps = sehr hoher Schutz bei gleichzeitigem Nutzenkomfort.
Fazit:
Wenn du Wert auf Anonymität und Datenschutz legst, solltest du bei der Programmauswahl sehr genau hinschauen. Viele beliebte Tools – von Chrome bis Zoom – senden regelmäßig Daten an Hersteller oder Drittanbieter. Selbst vermeintlich sichere Dienste wie Apple Mail oder Signal sind nur bedingt anonym, weil sie etwa Standort- oder Metadaten übermitteln. Wer es ernst meint, sollte bevorzugt auf lokale, quelloffene Alternativen setzen, die ohne Cloud-Zwang oder Kontoanbindung funktionieren. Tools wie Tor Browser, KeePassXC, VeraCrypt oder Syncthing zeigen: Es ist durchaus möglich, den Alltag digital zu meistern – ohne sich vollständig durchsichtig zu machen. Absolute Anonymität ist anspruchsvoll, aber mit den richtigen Werkzeugen erreichst du ein sehr hohes Maß an Schutz – ohne auf Komfort verzichten zu müssen.