Es ist egal, wem man nun die Schuld zuschiebt, dem Virus, das de facto nicht ungefährlich ist, oder den Maßnahmen, die eine Verbreitung des Virus verhindern sollen. Diese Gesellschaft ist in einer schwindelerregenden Geschwindigkeit auseinander gefallen und ich fürchte, es wird Generationen dauern bis die entstandenen Schäden wieder gekittet sind. Man kann das nun als „Neue Normalität“ gutheißen oder diffamieren, am Ende ist diese Gesellschaft nicht mehr die, die wir noch letztes Jahr kannten.

Es ist müßig, sich mit der Frage zu befassen, ob die Situation durch eine virale Bedrohung verursacht wurde oder ob es die Maßnahmen waren bzw. sind, die dieser Bedrohung Einhalt bieten sollen. Die Polarisierung ist da und ohne diese Polarisierung zu überwinden, kommen wir nicht weiter.

Im Grunde genommen haben wir drei Gruppen, die sich vordergründig unvereinbar gegenüber stehen:

Virusangst: Da ist einmal die Gruppe jener, die Angst vor dem Virus haben - ist wahrscheinlich die größte Gruppe. Sie fordern Maßnahmen, immer mehr Maßnahmen, einzelne bewegen sich aus lauter Infektionsangst vielleicht sogar im privaten Bereich mit Maske, zumindest trauen sie sich nicht mehr, ein normales soziales Leben zu führen.

Verarmungsangst: Dann gibt es jene, die Angst vor einem Zusammenruch ihrer wirtschaftlichen Grundlagen haben - und das sind nicht nur die Café- und Restaurantbesitzer. Niemand weiß derzeit, ob er in einem Jahr noch seinen Arbeitsplatz und damit ein existenzsicherndes Einkommen haben wird, noch nicht einmal jene, die sich derzeit noch auf der sicheren Seite sehen.

Politikangst: Und dann haben wir jene, die Angst vor dem Zusammenbruch demokratischer Errungenschaften haben. Sie sehen, welche bislang sicher geglaubten demokratischen Rechte in den letzten Monaten mit der Begründung des notwendigen  Gesundheitsschutzes eingeschränkt wurden und sie sehen die Gesellschaft vielleicht sogar auf dem direkten Weg in die Diktatur. So ganz von der Hand zu weisen sind die diversen Grundrechte einschränkenden Maßnahmen ja auch nicht und es hilft auch nicht, zu sagen, das sei nötig um die Gesundheit einer ganzen Gesellschaft zu retten.

Ich selbst, aufmerksame Leser mögen das vielleicht bereits bemerkt haben (spätestens wenn sie meine Twitter-Timeline kennen) ganz klar zu jenen, die sich ganz große Sorgen um unsere freiheitliche Gesellschaft machen - und diese Sorgen sind, ohne dass ich hier näher darauf eingehen möchte,  nicht unbegründet.

Verarmungsangst habe ich eher nicht, ich bin (momentan noch) gut abgesichert. Aber ich habe im letzten dreiviertel Jahr gut 80% Umsatzrückgang gehabt - und alle Förderprogramme gehen an mir vorbei, weil sich immer ein Grund findet, warum sie bei mir nicht zutreffen. Anderen geht es genauso, nur haben die wenigsten, die ich aus meinem Umfeld kenne, genügend Puffer um das wirtschaftlich zu überleben. Ein Alleinverdiener mit 80% Umsatzrückgang kann halt schlichtweg einpacken. Nichts geht mehr.

Angst vor Infektion habe ich nur in Grenzen, ich gehört aber immerhin zur Risikogruppe. Aber diese Angst habe vor Influenza in gleichem Maße. Ich komme jedoch ursprünglich aus der Medizin und weiß mit den Zahlen, die uns tagtäglich um die Ohren gehauen werden, einzuschätzen. Größer ist meine Angst davor, mich bei einem gesundheitlichen Notfall mit Testungen, Besuchs- und Begleitverboten einer Maschinerie ausgesetzt zu sehen, die ich nicht mehr kontrollieren kann. Ins Krankenhaus werde ich derzeit nur gehen, wenn ich lebensbedrohend erkranken sollte. Und impfen? Nein danke, nicht mit einem Impfstoff, der in dieser Weise im ad-hoc-Verfahren in den Markt gedrückt wird.

Aber ich verstehe jene, die derzeit nahezu Panik vor einer Viruserkrankung, die de facto schieben - vielleicht mangels Wissen über die tatsächlichen Zahlen, vielleicht aus anderen Gründen. Unterm Strich bleibt:

Alle haben Angst.

Es gibt Schnittmengen und Überschneidungen zwischen diesen Gruppen, aber inhaltlich findet zwischen den einzelnen Gruppen so gut wie kein Austausch mehr statt. Man steht sich feindlich gegenüber, beschimpft sich als Covidioten und Coroanleugner auf der einer Seite oder als Maskenfetischisten oder Zeugen Coronas auf der anderen und es macht den Eindruck, als würden hier Psychotiker aufeinander treffen und jeder würde versuchen dem anderen seine Wahnidee auszureden.

Das kann so nicht funktionieren.

Bei aller Divergenz und vordergründigen Unvereinbarkeit der Gruppen verbindet sie jedoch Eines: Alle haben Angst - aber: 

Jeder hat seine eigene Angst.

Vielleicht sollten wir endlich anfangen, die Angst als verbindendes Element zu sehen und den jeweils anderen in seiner Angst ernst zu nehmen. Ich bin sicher, das wird uns derzeit weiterbringen als jede inhaltliche Diskussion darüber, ob Maßnahme A oder B gerechtfertigt ist oder nicht, oder ob die gerade in den Medien verbreitete Meldung über irgendeine wissenschaftliche Erkenntnis bahnbrechend bzw. bedrohlich ist oder nicht. So geht es jedenfalls nicht weiter. Es wird Zeit, dass wir alle wieder zur Besinnung kommen. Und zwar nicht nur die jeweils anderen.

Ich wünsche allen Bloglesern ein gutes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in ein hoffentlich besseres Jahr.

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